Grimme-Preis gewonnen!
Grimme-Preis gewonnen!
Die Gewinner des 49. Grimme-Preises 2013 stehen fest! Wir freuen uns sehr, dass „Vaterlandsverräter“ von Annekatrin Hendel in der Kategorie „Information & Kultur“ zu den Gewinnern gehört!
www.grimme-institut.de/html/index.php?id=8
Aus über 800 Preis-Vorschlägen haben drei Wettbewerbsjurys knapp 60 Formate ausgewählt, die sich im finalen Rennen um einen Grimme-Preis befanden, jetzt stehen die Gewinner fest: „Packende Fernsehfilme auf höchstem professionellen Niveau, bewegende und formal ausgefeilte Dokumentationen sowie pointierte Unterhaltung kennzeichnen den aktuellen Grimme-Preis-Jahrgang“, so Grimme-Direktor Uwe Kammann in seiner Bilanz bei der Pressekonferenz am 27. März in Düsseldorf.
Aus der Jury-Begründung zu „Vaterlandsverräter“:
„Was für ein Filmanfang: Ein Ruderboot, ein Mann, eine Frau, eine Kamera. Der Dichter Paul Gratzik rudert. Die Regisseurin Annekatrin Hendel fragt ihn aus dem Off nach seiner Stasi-Geschichte. Gratzik erinnert sich an einen Spruch seiner Mutter: „Der schlimmste Feind im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“ Der Gedanke nagt an ihm, die Regisseurin lässt nicht locker. Er bekommt einen Wutausbruch, will plötzlich nichts mehr vom Thema seiner Stasivergangenheit wissen und von Reue schon gar nicht: „Ich geh über Bord. Ich habe kein Gewissen, ich habe keine Moral. Jedenfalls nicht eure.“
Lange nicht hat man in einem Dokumentarfilm eine so rasante, spannungsgeladene und aussagekräftige Szene gesehen – ein Lehrstück für alle Filmschulen. Und was das Beste ist: Das Versprechen des Anfangs kann der Film einlösen.“
Link zur Jurybegründung
www.grimme-institut.de/html/index.php?id=1742
Vaterlandsverräter Dokumentarfilm von Annekatrin Hendel
Vaterlandsverräter Dokumentarfilm von Annekatrin Hendel
D 2011, 97 min,
in Koproduktion mit ZDF und Arte
“Enemy of the State“ (Vaterlandsverräter)
Documentary by Annekatrin Hendel,
Germany 2011, 97 min
Synopsis
Der größte Feind im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant. Diesen Spruch seiner Mutter hatte der Schriftsteller Paul Gratzik, aus einfachen Verhältnissen in den 1970ern zu einem gefeierten Vertreter der DDR-Literaturszene emporgestiegen, immer im Ohr. Trotzdem war er 20 Jahre lang Inoffizieller Mitarbeiter des DDR-Staatssicherheitsdienstes, schrieb Berichte über Freunde und Förderer wie Heiner Müller, Steffie Spira und Ernstgeorg Hering. Anfang der 1980er stieg Gratzik aus, enttarnte sich selbst und wurde seinerseits zum Objekt der Stasi-Beobachtung. Vaterlandsverräter ist das filmische Porträt eines vom Kommunismus überzeugten Mannes „mit lautem Wesen“, dessen Leben ein Zickzack zwischen den Extremen war. Eine Geschichte, wie sie so, mehr als 20 Jahre nach dem Ende der DDR, noch nicht erzählt worden ist.
So schwer, wie man zu ihm hinkommt, kommt man auch an ihn heran. In einem abgelegenen Teil der Uckermark kämpft sich die Regisseurin Annekatrin Hendel durch den Schnee. Es ist der Drehstart für einen Film über den 75 Jahre alten Schriftsteller Paul Gratzik, Stasi-Zuträger, Aussteiger, Dissident. Das erste, was Gratzik trotzig von sich gibt ist: Über die Stasi rede er nicht. Das könne sie, Annekatrin Hendel, sich aus dem Kopf schlagen. Punkt. Aber es gibt diesen Film doch. Er ist einerseits das Psychogramm eines widersprüchlichen Exemplars “Mann” in seinen Extremen: Satyr, Verführer, Radikalist und Eremit. Andererseits liegt mit Vaterlandsverräter eine Geschichte über die DDR, ihre Kritiker und die Stasi vor, wie sie, 20 Jahre nach ihrem Ende, noch nicht erzählt worden ist. Gratzik hat seine Arbeit als IM wegen Vaterlandsverrat, dem der Funktionäre an den Menschen in der DDR, beendet und sich geoutet. Die Konsequenzen, nicht mehr veröffentlichen zu können und selbst bespitzelt zu werden, nimmt er damit in Kauf.
Annekatrin Hendel ist es gelungen, ein Leben nachzuzeichnen, an dessen Ende ein Mann steht, den man verfluchen und gern haben muss, gleichzeitig. Für den Film zieht sie mit ihm durch wichtige Stationen seines Lebens und erlebt die Härten seines Alltags. Zu Wort kommen eine verflossene Liebe, seine erwachsenen Kinder, Freunde, Kollegen, sein Führungs-Offizier und ein IM, der später auf ihn angesetzt wird.
Und natürlich Gratzik selbst, seine Erinnerungen, seine Texte und die von ihm verfassten Stasiberichte. Dass er, der sich gerne um Kopf und Kragen redet, dabei letztlich keine Erwartungshaltung bedienen muss, ist der sensiblen Handschrift dieser Filmemacherin zu verdanken. Und ihrer hartnäckigen Neugier: dass er dann zwar doch mit ihr redet, sich aber in seiner ihm immanenten Zerrissenheit und Sturheit treu bleiben darf. Annekatrin Hendel verzichtet von vornherein auf die “Moral von der Geschicht’” und kann resümierend damit leben, dass Täter und Opfer in einer Person sich vor allem zu „Mensch“ neutralisiert.
Juliane Voigt
Journalist
Trailer
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